Ambitioniert und relevant „Parcours des Mondes“ in Paris
In diesem Jahr wurde das Ende der Brüsseler Tribal Art Messe Bruneaf bekannt gegeben: Konzeptioneller Stillstand und interne Streitereien hatten ihr den Garaus ge- macht. Dieses Schicksal wird der Pariser Konkurrent, der Parcours des Mondes in Saint-Germain- des-Prés, kaum erleiden: Er prä- sentierte sich in diesem Jahr voller Vitalität und bewies mit 60 teil- nehmenden Galerien, darunter die großen Namen der Branche, nachdrücklich, dass er die mit Ab- stand wichtigste Messe für traditionelle außereuropäische Kunst ist.
Neue Sammlergenerationen
Diese Lebendigkeit liegt zum ei- nen an den Machern der Messe. Der Leiter ist Yves-Bernard Debie. Er hat verstanden, dass der Galerienrundgang sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen darf, um neue Sammlergenerationen anzuspre- chen: Indem beispielsweise Pauline Loeb vom artfairmag charmant auf Instagram vom Parcours berichtet. Und indem neue Galeristen als Teilnehmer gewonnen wurden. Dafür gab die erstmals durchgeführte „Showcase“ sechs Händlern die Möglichkeit, auf der Messe zu debütieren.
Einer der sechs war Guy Kuypers mit seiner Galerie Spectandum, der die faszinierende Welt der Wunderkammern wieder auf leben und Vergangenem neue Aktualität gibt. Alte Masken und Ho- cker aus Kamerun sind darunter, eine kleine Kraftfigur aus dem Kongo, ehemals Sammlung Walter Bareiss, aber auch Federschmuck vom Amazonas, ausgestopfte Vögel und große Insekten-Lehrmodelle aus Deutschland vom Beginn des letzten Jahrhunderts. Wie bei den anderen fünf Newcomern verzeichnete Kuypers regen Zulauf.
Dass der Parcours des Mondes seinem Namen gerecht wird und mehr ist als die Kunst aus Afrika und Ozeanien, dafür gab die Aus- stellung ‚Ganesha‘ von Michael Woerner zusammen mit Dierk Dierking aus Zürich beredt Aus- kunft. Sie kombinierten „klassische“ Tribal Art etwa aus Afrika mit Asiatika aus der Kollektion von Robert & Alice Piccus und be- spielten mühelos einen der größ- ten und schönsten Galerieräume vor Ort. Großartig ist eine Ganesha-Skulptur aus Kaschmir, der Gott mit der Mischform aus Mensch und Elefant, aus dem 7. bis 8. Jahrhundert.
Einzigartige Skulptur.
Präsent auch die Kunst aus Japan. Als Marketinginstrument veran- staltete die Galerie Mingei zusätz- lich eine Abstimmung, welches ihrer Bambus-Objekte das schönste sei. Traditionelle Kunst aus Sibi- rien zeigten sowohl Tischenko und als auch Grusenmeyer-Woliner. Karim Grusenmeyer ist be- sonders stolz auf eine 1000 Jahre alte weibliche Gottheit aus Bron- ze. Seiner Meinung ist sie in ihrer Dreidimensionalität einzigartig.
Und was ist mit dem Markenkern, der Kunst aus Afrika und Ozeanien? Eine absolute Wow- Ausstellung präsentierte Pablo Touchaleaume mit seltenen Arbeiten der Mbembe aus dem Crossriver Gebiet in Nigeria. Er gehört zu den jungen Galeristen, wegen derer man hoffnungsvoll in die Zukunft des Marktes für traditionelle afrikanische Kunst schauen kann. Die Stücke sind so archaisch und verwittert, dass sie den Betrachter überwältigen, tief im Innern berühren. Dem Haben- Wollen-Reflex stehen bloß die hohen, fünf- bis sechsstellige Preise entgegen.
Diese Preise sind aber nicht typisch. Zwar gibt es Ausreißer im sechsstelligen Bereich wie eine Fi- gur der Chamba aus Togo von Jo de Buck. Die große Mehrheit der Kunst war aber von gehobener Qualität im vier- bis unteren fünf- stelligen Preissegment. Damit machten die Galerien alles richtig und helfen dabei, die Messe lebendig zu halten. Es ist möglich, zu greifbaren Preisen gute Kunst zu erwerben. Dass dieses Konzept aufgeht, zeigten bereits am zwei- ten Tag die vielen roten Verkaufs- punkte an den Objekten.
Zuversicht im High End-Bereich
Auch die Anbieter im High End-Bereich gaben sich zuversichtlich: Es waren betuchte Interessenten vor Ort, die Objekte ihrer Begierden manchmal tagelang belauerten, oft diskret im Hintergrund agierten, und am Ende der Messe oder da- nach in Ruhe zuschlugen. Zu den Galeristen, die schon in den ersten Tagen Stücke im mittleren 5-stelligen Bereich verkauften, gehören Adrian Schlag und der Ozeanien- Spezialist Michael Hamson. Die Ausstellung, die von Insidern am ehrfurchtvollsten erwähnt wird, war jene von Didier Claes, der sich in letzter Zeit auf dem internationalen Parkett rar gemacht hat. Beglei- tet von einem aufwändig gemach- ten Buch präsentierte er die großartige Sammlung afrikanischer Kunst des Belgiers Michel Vanden- kerckhove, die er selbst aufgebaut hatte. Die Stücke sind nicht zum Verkauf – was fragende Blicke mit sich brachte. Aber sie sind ein deutliches Statement des Galeristen: ‚Mit mir ist noch zu rechnen!‘